So gelingt der Ausstieg aus destruktiven Konflikten
Sie benötigen Unterstützung von einem Kollegen oder einer Kollegin? Aber Sie wissen jetzt schon, dass Sie diese nicht bekommen werden, weil Sie die letzten Male immer wieder abgespeist worden sind?
Dann finden Sie sich mitten in einer Konfliktdynamik, die die Tendenz hat, sich selbst aufzuschaukeln. Spielen wir das Ganze einmal exemplarisch durch.
Variante eins
Sie überlegen sich andere Lösungen, weil Sie die Hoffnung aufgegeben haben. Das führt kurzfristig zu einer Lösung. Gleichzeitig bleibt ein schales Gefühl übrig, aus dem heraus Sie dem Kollegen oder der Kollegin ein bisschen distanzierter begegnen.
So verständlich das ist, so hoch ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass die andere Person zwar die Distanz bemerkt, die Ursache an sich jedoch nicht erkennt. Denn der eigene Beitrag dazu bleibt uns meist verborgen. Die erlebte Distanz führt allerdings Ihrerseits dazu, dass die Bereitschaft zu helfen nicht größer wird.
Das Ganze nimmt seinen Lauf, bis es irgendwann eskaliert oder sich beide damit abgefunden haben, dass man den Kollegen oder die Kollegin wohl nicht mehr ändern wird.
Variante zwei
Sie gehen trotz übler Vorahnung zur anderen Person und bitten um Unterstützung. Dabei schwingt im Unterton bereits Ihr Zweifel mit, ob Sie die Unterstützung bekommen. Die andere Person hört den Unterton, fühlt sich bedrängt oder angegriffen und weicht innerlich einen Schritt zurück. Die Bereitschaft Ihnen entgegenzukommen, ist innerhalb von Sekundenbruchteilen auf ein Minimum geschrumpft und so hören Sie eine – wie Sie finden – blöde Ausrede und Sie ziehen verärgert von dannen. Immerhin bleibt Ihnen das gute Gefühl, dass Ihre Menschenkenntnis Sie nicht getrogen hat. Denn auch Sie erkennen nicht, welchen Anteil Sie an der Dynamik hatten.
Wegen dieser leisen Untertöne und der kleinen mimischen und gestischen Signale, für die wir in Konfliktsituationen besonders sensibel sind, schaukeln sich Konflikte immer weiter auf.
Der Aufschaukelmechanismus
Den Aufschaukelmechanismus können wir so beschreiben: Wir erinnern uns an die Vergangenheit, in der etwas unglücklich lief. Diese Erinnerung wirkt in die Gegenwart hinein, indem ich im Hier und Jetzt den Ärger spüre, den ich damals hatte. Dieser Ärger beeinflusst nun meine Vorstellung von der Zukunft. Wer kann sich im Ärger schon vorstellen, dass es gut wird? Also erwarten wir das Schlimmste, was seinerseits auf die Gegenwart einwirkt – unsere Emotion von Ärger, Hoffnungslosigkeit oder Resignation verstärkt sich. Selbst wenn wir uns ein Herz fassen, alleine diese Emotion führt zu den oben beschriebenen Rückkopplungsprozessen und damit zum Scheitern.
Variante drei
Und hier kommt Variante drei ins Spiel: Arbeiten Sie an Ihrer inneren Haltung.
Sie wenden nun mit recht ein, dass das viel leichter aufgeschrieben als umgesetzt ist. Richtig. Genau deshalb bieten wir Ihnen hier ein wenig Hilfe an. Denn die innere Haltung verändern Sie durch „heilsame Naivität“.
Die heilsame Naivität
Wir müssen also eine alternative Zukunftsvorstellung entwickeln, die nicht durch negative Emotionen auf uns zurückfällt. Dazu lösen wir uns von der Erfahrung aus der Vergangenheit. Wir stellen uns also eine Person vor, die wir zum ersten Mal treffen und mit der wir keinerlei Emotionen verbinden, außer vielleicht Neugier, den Menschen kennenzulernen.
Während Sie sich das vorstellen, tauchen Sie bitte in die Szene ein, als würden Sie sich selbst in einem Video betrachten. Wie gehen Sie auf die Person zu? Welche Anrede wählen Sie? Wie ist Ihr Gesichtsausdruck? Wie sprechen Sie die Person an? Schauen Sie Ihren kleinen Film weiter an: Wie reagiert die andere Person? Bekommen Sie, was Sie wollen? Und wenn nein, wie würde diese unbekannte Person Ihnen das mitteilen?
Sie werden feststellen, dass eine neutrale Person natürlich freundlich korrekt helfen wird und wenn sie es nicht kann, das gut begründen wird und sich für die nicht leistbare Hilfe entschuldigen wird. So oder so, es wird in Ihnen keine negativen Stimmungen gegenüber der anderen Person auslösen.
In genau diesem inneren Zustand gestalten Sie nun die Situation neu. Übertragen Sie die alternative Zukunftsvorstellung auf den Kollegen oder die Kollegin, löschen Sie alle Erinnerungen und stellen Sie sich vor, dass Sie nun Ihre erste Begegnung mit dem Kollegen oder der Kollegin erleben.
Natürlich das ist naiv, denn naiv ist auf der einen Seite gutgläubig und in der Tat glauben Sie ans Gute, wenn Ihre Erinnerungen nicht im Weg stehen. Naiv ist aber auch, die Situation nicht richtig einzuschätzen. Aber wenn richtig nur dadurch richtig wird, dass ich so auftrete wie ich bin, dann ist Naivität der einzige Weg aus dieser Spirale. Und deshalb sprechen wir von heilsamer Naivität.
Indem Sie sich vorstellen, der Person das erste Mal zu begegnen, neutralisieren Sie sich selbst. Sie nehmen Ihrem Auftreten den Stachel, den Sie vorher zwar nicht bemerken konnten, der aber dennoch getroffen hat. Und wenn sich Ihr Teil der Dynamik verändert, dann verändert sich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch die Reaktion Ihres Gegenübers.
Aus dieser Perspektive betrachtet ist es also wahr. Sie begegnen Ihrem Gegenüber das erste Mal, zumindest in dieser Art. Also lassen Sie sich überraschen, wen Sie da kennenlernen werden.
Wenn Sie die heilsame Naivität umsetzen wollen, aber dafür einen Sparringspartner benötigen, oder wenn Sie noch weitere Strategien der Konfliktlösung kennenlernen wollen, dann wenden Sie sich an uns.
Wir wünschen Ihnen viel Erfolg!
Autor: Dr. Axel Schweickhardt