Teil 1 der Reihe zum Situativen Führen
Immer wieder berichten Führungskräfte, nach ihrem Führungsstil befragt, dass sie situativ führen. Aber was ist das eigentlich? Eines sollte es jedenfalls nicht sein, ein unberechenbares und zielloses Verhalten, das nur aus der jeweiligen Stimmung in der Situation heraus geboren wurde. Vielmehr bedeutet es, dass die Führungskraft zwar an den Zielen und Rahmenbedingungen mitwirkt, diese formuliert und darüber informiert, aber bei deren Erfüllung auf die Möglichkeiten des Mitarbeiters achtet und ihren Führungsstil passend dazu ausrichtet. So braucht ein erfahrener Mitarbeiter weniger und andere Führung als ein neuer Mitarbeiter.
Das bekannteste Modell zur situativen Führung ist sicherlich das Reifegradmodell von Hersey & Blanchard (1969). Demnach unterscheidet sich der Führungsstil in Abhängigkeit von der „Reife“, wobei hier die arbeitsbezogene Reife, also die Kompetenz des Mitarbeiters genauso wichtig ist, wie die psychologische Reife, also die Bereitschaft zu Verantwortung, Leistung und Engagement. Situativ zu führen ist allerdings nur eine Facette der Führung und kein für sich alleine ausreichender Führungsstil, lesen Sie hierzu auch unseren Artikel zur transformationalen Führung.
In der Praxis bedeutet situatives Führen: Die Führungskraft muss erkennen, wo der Mitarbeiter steht. Idealerweise kann sie sich so weit in den Mitarbeiter hinein versetzen, dass sie erkennt, welche Unterstützung der Mitarbeiter noch braucht und wie viel Verantwortung übertragen werden kann. Auch die Passung der Aufgaben zu Können und Motivation spielt hier eine große Rolle. Wer gekonnt situativ führt, der gibt den richtigen Mitarbeitern die richtigen Aufgaben. Dabei achtet er nicht nur auf das unmittelbare Ergebnis, sondern auch auf die Entwicklungschancen von Mitarbeitern.
Nehmen Sie an, ein Mitarbeiter kommt mit einer fachlichen Herausforderung auf Sie zu und fragt Sie, wie er das lösen soll. Es kann hier richtig sein, die Lösung zu geben oder den Mitarbeiter nach Lösungen zu fragen. Achten Sie auf den Reifegrad! Ist die fachliche Erfahrung noch nicht da und der Mitarbeiter benötigt Ihren Input, so erklären Sie ihm Ihren Ansatz und geben Sie Gelegenheit zur Nachfrage, so dass auch ein Verständnis für das Warum vorhanden ist. Ist die fachliche Reife vorhanden, aber die Bereitschaft Verantwortung zu übernehmen ist noch nicht ausgeprägt genug, so bitten Sie den Mitarbeiter um seine Lösungen und bestärken Sie ihn, wenn diese Lösung zum Ergebnis führen wird.
Situativ zu führen hat auch Auswirkungen auf das Delegationsverhalten, die Äußerung von Kritik und auf die Führungskraft selbst. Lesen Sie dies in den bald folgenden Teilen – oder erfahren Sie mehr in unseren Seminaren.
Teil 2: Situativ führen bei unerwünschtem Verhalten (ab März 2017)
Teil 3: Delegation in Abhängigkeit der Reife (ab April 2017)
Teil 4: Was brauche ich als Führungskraft, um situativ zu führen? (ab Mai 2017)