Performanz bedeutet auch in der zunehmenden Komplexität flexibel auf Veränderungen reagieren zu können. Es bedeutet, veränderungsbereiter zu sein. Selbst wenn das System mich nicht ausbremst, selbst wenn ich es schaffe, meine persönlichen Blockaden zu überwinden und meine Kompetenz tatsächlich anzuwenden, bringt die neue Arbeitswelt durch ihre rasanten Veränderungen neue Hürden mit. Gewohnheiten und Handlungswege, die gestern noch erfolgreich waren, greifen heute zu kurz. Doch gerade diese Muster sind es, die Sicherheit geben. Sie geben dem Mitarbeiter das Gefühl von Kontrolle. Das wiederum minimiert Stress, den unvorhergesehene Ereignisse mit sich bringen. Es ist also ganz natürlich, dass sich bei jedem von uns innerer Widerstand regt, wenn dieses Gefühl der Ausgeglichenheit hergegeben werden muss. Dabei gilt die Faustformel: Je bedrohlicher der Veränderungsprozess, desto stärker der Widerstand. Um neue Wege einzuschlagen und Veränderungen tatsächlich anzugehen muss zunächst einmal viel Handlungsenergie aufgebaut werden. Ich muss den Sinn darin erkennen, die Sicherheit des Gewohnten aufzugeben. Das Thema muss mir wichtig sein. Gleichzeitig muss ich diese Handlungsenergie über einen langen Zeitraum aufrechterhalten, denn jede Veränderung ist mühsam und es benötigt Zeit, sein Verhalten umzustellen.
Ich möchte dies an einem simplen aber eindrücklichen Beispiel verdeutlichen: das Umstellen der eigenen Ernährung. Gerade jetzt zum Jahreswechsel setzen sich viele den Vorsatz, etwas für die eigene Gesundheit zu tun und sich gesünder zu ernähren, also das eigene Essverhalten umzustellen. Nicht selten scheitert dieser Vorsatz bereits in den ersten Januarwochen. Woran liegt das? Unsere Essgewohnheiten haben sich oft über Jahre gefestigt und sind schwer zu durchbrechen. Um wirklich eine Veränderung herbeizuführen, gilt der Ratschlag über etwa vier Wochen konsequent bewusst ein anderes Essverhalten an den Tag zu legen, bis sich die neuen Gewohnheiten festigen. Oft fehlt hier die Energie, die Verhaltensänderung über diesen Zeitraum durchzuhalten und wir knicken ein. Die gewohnte Routine gewinnt wieder an Macht über uns.
Nun handelt es sich bei unserem Essverhalten um eine Tätigkeit, die wir sehr oft ausführen, in der Regel etwa dreimal am Tag. Wir haben also dreimal täglich die Möglichkeit daran zu denken, unser Verhalten umzustellen. Viele andere Verhaltensweisen treten viel seltener auf, sodass, auch um eine tatsächliche Veränderung zu erzielen, ein viel längerer Zeitraum überbrückt werden will. Die Frage ist also: Gelingt es mir über diesen Zeitraum meine Handlungsenergie zu behalten oder geht sie mir zu früh abhanden?
Aus Sicht des Mitarbeiters gibt es noch einen anderen Punkt. Durch die zunehmende Komplexität und die hohe Innovationsdichte ist Veränderung in immer rasanterem Tempo notwendig. Habe ich mich gerade an etwas gewöhnt, ist wieder eine neue Veränderung von Nöten. Demnach muss ich in meinem Arbeitsumfeld Widerstand schnell überwinden und erwünschtes neues Verhalten immer schneller erlernen. Das kostet viel Energie, die ich zusätzlich aufbringen muss. Veränderungsbereiter zu sein bedeutet also mit Flexibilität auf Neuerungen zu reagieren und mit meinem eigenen Widerstand umgehen lernen. Es bedeutet fortwährend an ständigen Veränderungen dran zu bleiben.
Aus Sicht der Führungskraft bedeutet das, im Alltag immer wieder an die Veränderung und den Sinn dahinter zu erinnern, um die Handlungsenergie aufrecht zu erhalten. Daher kann es helfen, eine Vision auf Bildern zu visualisieren und so zu platzieren, dass die Mitarbeiter sie oft wahrnehmen. Grundsätzlich gilt: Kommunizieren Sie die Veränderung so viel und so oft wie möglich. Scheuen Sie sich nicht den Mitarbeiter auch bei kleinen Veränderungen zu unterstützen. Und bleiben Sie konsequent. Nur dann wird Ihr Mitarbeiter den Druck verspüren aus der Sicherheit der Gewohnheit auszubrechen und sich auf das Neue einzulassen. Unser Seminar Psychologie der Veränderung kann Sie bei dem konsequenten Umgang mit Veränderungen und deren Umsetzung in den Alltag unterstützen.
Lesen Sie Ende Februar auch über die Liebenswürdigkeit: ein weiterer Faktor, der gegen die Performanz spielt und uns davon abhält, das zu tun, was wir uns vorgenommen haben.
Autorin: Dorothee Osterroth
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