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Agile Führung – mehr als ein Buzzwort

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Teil 1: Komplexität und Agilität

Zugegeben im „Bullshit Bingo“ steht Agilität derzeit extrem hoch im Kurs. Und dennoch ist agiles Führen mehr als eine Modeerscheinung. Vielmehr ist es die Antwort auf die Herausforderungen, die sich aus einer immer komplexer werdenden Welt ergeben. Die Geschwindigkeit steigt und damit auch die Anforderung an Flexibilität. Das Ganze geschieht vor einem Hintergrund stetig wachsender Spezialisierung und globalem Handeln. Mit einem anderen Modebegriff ausgedrückt, die Welt ist eben VUKA (englisch: VUCA) geworden: vulnerabel, ungewiss, komplex und ambigue.

Schauen wir zunächst auf die Anforderungen, die sich aus der Komplexität ergeben, um anschließend zu beleuchten, was sich hinter dem Konzept agile Führung tatsächlich verbirgt. Mit dem CYNEFIN-Modell hat Dave Snowden sehr schön den Unterschied zwischen einfach, kompliziert und komplex beleuchtet. In einer einfachen Welt, sind Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge eindeutig zu identifizieren. Damit ist die Welt kontrollierbar und Best Practice ist möglich. Fehler sind in dieser Welt auf Unerfahrenheit oder individuelles Unvermögen zurückzuführen. In einer komplizierten Welt ist es schon schwieriger. Denn Ursache-Wirkungszusammenhänge sind nicht eindimensional, sondern mehrere Faktoren beeinflussen das Ergebnis. Ein solch komplizierter Zusammenhang wäre etwa, wenn das optimale Mischverhältnis zweier Verbundstoffe nicht nur von der Anwendung, sondern auch von Umgebungsvariablen, wie Temperatur und Luftfeuchte, abhängt. Immer noch sind Ursache und Wirkung eindeutig im Vorfeld zu erkennen, es erfordert aber bereits viel Expertise, alles zu berücksichtigen. Die Fehlerwahrscheinlichkeit steigt und oftmals gibt es nicht den einen richtigen Weg, sondern mehrere gute Wege, die zum Erfolg führen. Ein Fachexperte mit viel Erfahrung wird allerdings immer noch fehlerfrei und kontrolliert arbeiten können. Auch wenn es für diese Expertise teilweise viele Jahre Erfahrung benötigt.

Anders wird es in einer komplexen Welt. Hier reagieren zumindest einige der beeinflussenden Faktoren autonom auf Umweltbedingungen. Es handelt sich also um selbstgesteuerte Systeme. Die klassische Situation, wenn sich zwei Menschen begegnen und beide mehrfach zur gleichen Seite ausweichen wollen, zeigt das Dilemma. Da beide autonom auf die Situation reagieren, kommt es zeitgleich zu Anpassungsreaktionen und damit zum Missverständnis. Menschen sind immer komplex, da wir ihre Reaktion nicht vorherbestimmen können. Durch Regeln und Prozesse können wir diese zwar von komplex auf kompliziert reduzieren, allerdings bleiben Menschen eben Menschen und wenden solche Regeln nicht immer, sondern maximal meistens an. Das ist nebenbei gesagt, in manchen Situationen auch sehr gut, da es den Menschen in die Lage versetzt, auf Ausnahmesituationen flexibel zu reagieren.

Das Entscheidende aber ist: Fehler und Missverständnisse sind unvermeidbar. Im Nachhinein lassen sich diese zwar aufklären und auch entsprechende Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge erkennen. Im Vorfeld allerdings nicht. Also bleibt eine Ungewissheit, was bedeutet, dass auch bei bestehender Expertise Misserfolg in Kauf genommen werden muss. Wenn wir handlungsfähig bleiben wollen, brauchen wir also Mut – den Mut zu scheitern. Und nach dem Scheitern erfordert es die Reife, sich dem Scheitern unvoreingenommen zu stellen und daraus zu lernen.

Komplexität bringt also hohe Anforderungen an uns mit sich und darauf gibt das Konzept des agilen Führens eine Antwort. In diesem Sinne kann das Konzept der agilen Führung auch als logische Fortsetzung der durch Peter Drucker beschriebenen Entwicklung zum Wissensarbeiter gesehen werden, in dessen Folge Leadership-Modelle die Eigenverantwortung des Einzelnen in den Mittelpunkt gerückt haben.

Noch mehr Schnittstellen, noch mehr Komplexität, noch mehr Druck und schnell zu sein erfordert darüber hinaus Ideen, wie Komplexität reduziert und der Informationsfluss gesteuert werden kann, um Fehlerquellen zu reduzieren. Gleichzeitig gilt es einen Umgang mit auftretenden Fehlern zu finden. Dazu kommt die persönliche Kompetenz, mit Unsicherheit und Ungewissheit umgehen zu können, und den Mut zum Handeln und Entscheiden zu bewahren.

Agiles Führen beinhaltet damit drei Aspekte:

  1. Die innere Haltung, die von reifen Mitarbeitern ausgeht, und Eigenverantwortung und sinnbezogenes Arbeiten in den Mittelpunkt rückt,
  2. die Methodenkompetenz mit Komplexität umgehen zu können und
  3. personale Kompetenzen wie Belastbarkeit, Mut und Uneitelkeit.

An diesen Anforderungen werden sich die drei folgenden Artikel orientieren. In einem letzten Teil wird das Team betrachtet:

Teil 2: Agile Haltung

Teil 3: Agile Methoden

Teil 4: Anforderungen an die Führungskraft

Teil 5: Agile Teams: Kulturaspekte agiler Teams

Autor: Dr. Axel Schweickhardt

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