Teil 4: Was wir von einer Führungskraft im agilen Umfeld erwarten.
Wir haben im letzten Artikel dieser Reihe betrachtet, welche Anforderungen agile Methoden an das Mindset im Team haben. Dabei haben wir festgestellt, dass es einige echte Killer für agiles Arbeiten gibt – wie Selbstverliebtheit, Intransparenz oder auch Kritikunfähigkeit. Positiv ausgedrückt benötigt es also Transparenz und Offenheit, Zielorientierung, Flexibilität und eine gesunde Distanz zur eigenen Person.
Jetzt könnten wir es uns natürlich einfach machen und sagen: Genau das benötigt auch die Führungskraft, denn sie ist Teil des Teams, muss als Vorbild agieren und überhaupt sind agile Teams weniger von Hierarchien geprägt. Richtig! Und dennoch: Neben diesen Eigenschaften muss eine Führungskraft auch in der Lage sein, ein entsprechendes Mindset aufzubauen und zu fördern. Denn: Die Hierarchie nicht in den Vordergrund zu stellen, kann nur funktionieren, wenn das Team bereits ausgesprochen gut und verantwortungsbewusst funktioniert.
Daher versuchen wir hier, die wichtigsten Kompetenzen und Eigenschaften einer Führungskraft aufzuzeigen, die ein agiles Arbeiten bahnen und ermöglichen. Hierbei werden wir uns auf unsere Top 3 beschränken, die Liste ist sicherlich noch weiter auszubauen.
Unsere Nummer 1: Eigenverantwortung fördern
Um das zu erreichen, muss eine Führungskraft in der Lage sein abzugeben und Kontrolle auf Ergebnisse zu beschränken und nicht auf Details. Sie muss Vertrauen können und ein Gespür für das optimale Anspruchsniveau eines Mitarbeiters, einer Mitarbeiterin haben. Und das liegt bei einer leichten Überforderung, die durch entsprechenden Einsatz kompensiert werden kann. So entwickeln sich die Mitarbeiter*innen stetig weiter. Nur bedeutet das natürlich auch, dass ich mir als Führungskraft nie sicher sein kann, ob die Aufgabe auch erfolgreich erledigt wird. Daher braucht es zum Vertrauen auch Mut. Je mehr ich vertraue, desto größer ist der Wille des*der Mitarbeiter*in, das Vertrauen zu rechtfertigen und damit steigt auch der Einsatz. Aber es ist eine Wette in den*die Mitarbeiter*in. Wer hier mit einem negativen Menschenbild herangeht, nachdem Menschen nur tun, was sie müssen und eigentlich faul sind, der wird keine Chance haben, Eigenständigkeit aufzubauen.
Schließlich darf ich mich selbst nicht zu wichtig nehmen. Wenn ich immer glaube, die besten Ideen zu haben, und zu jedem Beitrag von Mitarbeiter*innen noch etwas ergänzen muss oder korrigierend eingreife, wird sich kein Verantwortungsgefühl aufbauen.
Für unsere Top 1 benötigt es also Mut, Besonnenheit und Vertrauen.
Unsere Nummer 2: Entwicklung fördern
Wer Entwicklung fördern möchte, der muss Feedback geben können: Positiv ebenso wie kritisch. Aber kritisches Feedback gebe ich nicht, nur damit es gesagt ist, sondern dafür, dass der*die Mitarbeiter*in sein*ihr Verhalten ändern kann. Das ist manchmal ganz einfach durch einen Aha-Effekt und eine Verhaltensumstellung zu erreichen. Aber manchmal muss ich auch Kompetenzen ausbauen, um etwas anders zu machen, oder gar Gewohnheiten umstellen. Und damit schließt sich an ein Feedback-Gespräch zwingend die Förderung von Entwicklung an.
Für unsere Top 2 benötigt es also Geduld, eine gute Mischung aus Empathie und entschlossener Hartnäckigkeit und schließlich eine ausgesprochen gute Methodenkompetenz. Denn nicht nur das Feedback geben, auch die Rolle einer coachenden Führungskraft erfordert einen breiten Methodenkoffer.
Unsere Nummer 3: Flexibilität
Wir haben bereits gesehen, dass Methoden wie Design Thinking auf dem Prinzip aufbauen, Ideen schnell wieder zu verwerfen, wenn andere besser sind. Was heute galt, kann morgen schon veraltet sein, weil wir mittlerweile schlauer sind oder weil wir aus unseren Fehlern gelernt haben. Wir brauchen also sowohl die entsprechenden Ideen als auch die Bereitschaft, Dinge zu verwerfen und neue Wege zu beschreiten.
Auf der anderen Seite brauchen wir auch Prozesse, die es uns ermöglichen mit möglichst wenig Reibungsverlusten zusammenzuarbeiten. Wir genießen Routinen, weil sie mit wenig Aufwand verbunden sind. Und wenn wir feststellen, dass es an Schnittstellen immer wieder zu Problemen kommt, müssen wir vielleicht Prozesse und Rollen klarer definieren. Routine, Standard und feste Grenzen sind jedoch wahre Killer für Flexibilität. Es benötigt also eine gute Mischung aus Routinen und der ständigen Bereitschaft diese aufzubrechen, um mit noch besseren Routinen anschließend erfolgreicher sein zu können.
Einen weiteren Killer für Flexibilität sollten wir ebenfalls nicht unerwähnt lassen: Wer die Idee hat, bearbeitet sie auch. Damit werde ich als Ideengeber*in also mit Mehrarbeit bestraft, die häufig dazu führt, dass gerade die kreativen Mitarbeiter*innen irgendwann überfordert sind. Es braucht also einer strategischen Instanz, in der geprüft wird, welche Ideen so gut sind, dass sie weiterverfolgt werden sollten und von wem.
Für unsere Top 3 benötigt es also viel strategischen Überblick und die persönliche Fähigkeit das Spannungsfeld aus Struktur und Flexibilität in ein gesundes Maß zu bringen. Schließlich braucht es auch den Freiraum nicht nur kreativ denken zu können, sondern auch zu dürfen.
Allein wer unsere Top 3 erfüllen will, muss also eine ausgereifte Führungskraft sein. Die werden Sie nur, wenn Sie sich selbst eigenverantwortlich hinterfragen, sich persönlich entwickeln und flexibel genug sind, immer wieder neue Wege auszuprobieren. Und schließlich benötigen Sie einen prall gefüllten Werkzeugkoffer. Wenn Sie diesen Weg nicht alleine gehen wollen, dann sprechen Sie uns an.
Autor: Dr. Axel Schweickhardt
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Teil 1: Komplexität und Agilität
Teil 4: Anforderungen an die Führungskraft